Fair Trails® Explorer Tour: Rückblick II

 © Fair Trails®/Max Mauthner

Hä? Eine Fair Trails® Explorer Tour im Khumbu, am Fuße der weltberühmten Achttausender Mount Everest, Lhotse und Cho Oyu?

In der Tat klingt es auf den ersten Blick komisch, den Begriff „Explorer“ für eine der populärsten Trekkingregionen der Welt zu verwenden. Aber nur auf den ersten Blick. Denn der Khumbu hat viel mehr zu bieten als seine atemberaubende Landschaft und gigantischen Berge (und es sind beileibe nicht nur die Achttausender, die spektakulär sind, sondern es stechen vielmehr die unglaublich steilen Sechstausender wie Thamserku oder Kantega ins Auge. Es sind vielmehr die kleinen tagtäglichen Begegnungen mit dem wohl berühmtesten Volk der Welt, den Sherpas. Es ist ihre Kultur – die Lösungen, die sie für das karge Leben parat haben und auch die Probleme, mit denen die Region konfrontiert ist. Die man vor allem dann wahrnimmt, wenn man sich Zeit nimmt, Pfade abseits der ausgetretenen Wege zu erwandern und den Fokus (zumindest immer wieder) von den fantastischen Bergen auf die kleinen Dinge am Wegesrand legt.

Panoramaweg Südalpen Panorama am Hochplateau

Der Platz zum Leben will erarbeitet sein: das Leben im Khumbu ist stark von den Bergriesen geprägt – hier erklärt uns unser Freund und Experte Nanga Sherpa die umgebende Berglandschaft © Fair Trails®/Max Mauthner

Genau deshalb haben wir das Experiment gewagt, bei dieser Tour eine Ausnahme gemacht und zum ersten Mal einen Fair Trail in einer nicht komplett abgelegenen Region entwickelt. Weil es Landschaft und Einheimische im Khmubu wert sind, sich mehr mit ihr auseinanderzusetzen und in Zukunft mit dem Sherpa Heritage Trail eine stillere Art von Trekking im Khumbu anbieten zu können.

Kein leichtes Unterfangen, denn kleine Stellschrauben sind oft viel schwieriger einzustellen als die großen Schrauben bei einer komplett neuen Reise. Diese Skepsis verflog jedoch schon bald. Nämlich zum Einen, weil unser Team der Explorer Tour einfach immer gute Laune verbreitete, für jeden Blödsinn zu haben war oder vielmehr mich zu jedem Blödsinn überreden konnte (über Details wird der Mantel des Schweigens gelegt). Und zum anderen, weil die Crew rund um unseren Organisator Nawang Tshering Sherpa und den Guides Pemba Sherpa, Nanga Sherpa und Pasang Sherpa uns sofort ein familiäres Gefühl vermittelte. Sie sind allesamt aus Chaurikarka, einem Dorf 30 min unterhalb vom Startpunkt des Trekkings in Lukla. Family Business also – und so war es klar, dass wir gleich zu Beginn des Trekkings von der Hauptroute abwichen und ihrem Heimatdorf einen Besuch abstatteten. Mit Chaurikarka verbindet uns eine langjährige freundschaftliche Beziehung und so sind wir gleich einmal von Tee zu Tee im Dorf eingeladen worden. Eine Akklimatisation der anderen Art – eine wunderbare Anpassung an eine behutsame Reisegeschwindigkeit.

Panoramaweg Südalpen Panorama am Hochplateau

Fair Trails® steht für eine neue Art des Reisens! Für eine Partnerschaft auf Augenhöhe von Reisenden und Bereisten. Mit der gemeinsamen Inspiration, voneinander zu lernen, sich gegenseitig zu unterstützen und damit einen Wandel zum Besseren auszulösen. In den Reisedestinationen wie in der Heimat der Reisenden. Hier ist der Fair Trails® Experte und Autor Stefan Ehrengast im Haus der Eltern seines nepalesischen Au Pair Mädchens Nang Lhamu © Fair Trails®/Max Mauthner

Auf unserem Weiterweg nach Namche Bazar (wie auch generell auf dem gesamten Treck) schlug dann immer wieder die Stunde von unserem Guide Nanga Sherpa. Er wusste es auf Abstechern wie zum Kloster Pema Choling als ehemaliger buddhistischer Mönch stets, uns den Buddhismus näher zu bringen. Einer Religion, die das Leben der meisten Sherpas immer noch stark prägt, wie wir auch daran erkannten, dass unsere Guides an jeder mit Gebetsfahnen bestückten Stelle noch ihre eigenen Gebetsfahnen befestigten. Ein Ritual, das irgendwann genauso beruhigend wirkt wie das automatische Ankurbeln der Gebetsmühlen am Wegesrand.

Panoramaweg Südalpen Panorama am Hochplateau

Unser Kameramann Manish umringt von neugierigen jungen Mönchen des Pema Choling Klosters © Fair Trails®/Stefan Lieb-Lind

Es waren die kleinen Begegnungen entlang des Trecks, die in der Nachschau am nachhaltigsten im Gedächtnis bleiben. Z.B. führte uns die 14-jährige Tochter unseres Gastgebers in Khumjung durch die lokale Schule und gab uns Einblick in die extrem karge und beschwerliche Landwirtschaft auf 3.800 m. Äußerst interessant, aber ich werde so schnell nicht vergessen, wie sie als Fußballfan von PSG Paris vor Freude fast zu heulen begann, als Markus aus unserem Team ihr ein privates Video eines nicht öffentlichen Trainings ihrer Lieblingsspieler Neymar und Messi zeigte: Markus ist von Beruf Sportkommentator und war kurz vor der Reise bei einem Spiel von PSG Paris dabei.

Panoramaweg Südalpen Panorama am Hochplateau

Die 14-jährige Tochter unseres Gastgebers Dawa Sherpa in Khumjung erklärt uns den Schulalltag in der Edmund Hillary School in ihrem Dorf © Fair Trails®/Mussnig

Für mich persönlich war vor allem der Besuch bei den Eltern unseres Au Pair Mädchens daheim ein besonderes Erlebnis: sie stammt aus Chaurikarka und ich war im positiven Sinn selten in meinem Leben so verlegen wie in dem Moment, auf dem Rückweg mit der ganzen Gruppe als Ehrengast bei ihren Eltern in ihrem kargen Zuhause eingeladen worden zu sein. Die Verlegenheit löste sich kurze Zeit später auf, als wir bei einem kleinen Fest im Ort zusammen mit den Frauen im Dorf einen nepalesischen Tanz versuchten. Die Lacher waren zwar eher auf Seiten der Frauen aus Chaurikarka, aber auch wir hatten definitiv unseren Spaß.

Panoramaweg Südalpen Panorama am Hochplateau

Begegnungen hautnah, für das steht Fair Trails und unserer Explorer Tours. Wie gut sich unsere Explorer beim Erlernen des nepalisischen Volktanzes anstellten zeigen die Lacher der Frauen des Dorfes © Fair Trails®/Max Mauthner

Natürlich bekommt man als ein mit offenen Augen Wandernder auch die Probleme mit, die im Khumbu (nicht nur) durch den Tourismus entstehen. Die Müllentsorgung ist z.B. immer noch ein großes Problem – vor allem weil alles zu Fuß nach Lukla transportiert werden muss. Hierzu gibt das Projekt „Sagarmatha Next“, das wir uns vor Ort angeschaut haben, vielversprechende Lösungsansätze. Auch fällt auf, dass ein Symbol des Himalayas – die Yaks und Naks – vor allem in den tieferen Regionen immer mehr verschwindet: vor allem Hubschrauber machen ihnen als Transportmittel eine wenig nachhaltige Konkurrenz. Grund genug für uns, eine Yak Farm oberhalb von Namche Bazar, die sich der wieder stärkeren Verbreitung dieses urtümlichen und widerstandsfähigen Tieres verschrieben hat, mit einem Teil des Reisepreises finanziell zu unterstützen.

Panoramaweg Südalpen Panorama am Hochplateau

Die größte Fußgängerzone der Welt: Der Transport der Lebensmittel geschieht seit jeher mit Trägern oder Tragetieren. Diese ehrenwerten Tätigkeiten werden jedoch heute leider immer öfter durch Helikopter ersetzt © Fair Trails®/Stefan Lieb-Lind

Jetzt habe ich fast auf einen doch wesentlichen Teil des Sherpa Heritage Trails vergessen: die Berge und die Landschaft. Wenn man den Fokus wieder etwas weiter einstellt, dann kommt man spätestens ab Namche Bazar aus dem Staunen nicht mehr raus. Und je weiter wir (auf der einsamen östlichen Talseite wandernd) über das Tal Richtung Gokyo und damit zum Fuße des 8.201 m hohen Cho Oyu hineinwanderten, umso öfter blieb uns der Mund offenstehen. Wobei landschaftlich das Highlight sicher die Sonnenaufgangstour auf den 5.360 m hohen Gokyo Ri war: die Sonne direkt hinter dem Mount Everest aufgehen zu sehen ist von der Stimmung her schwer zu toppen. Davor zu unseren Füßen der größte Gletscher des Khumbu und links und rechts drei weitere Achttausender sowie unzählige Sechs- und Siebentausender. Da kam selbst die Überschreitung des 5.435 m hohen Renjo La hinüber nach Lungden und Thame nicht ganz mit, wenngleich dieser Tag das bergsteigerische Highlight war.

Als wir danach wieder zurück nach Lukla wanderten und einige Tage später im kleinen Flugzeug nach Kathmandu saßen, war uns allen klar: Experiment „Fair Trails® Sherpa Heritage Trail“ definitiv gelungen! Und ich freue mich persönlich schon wahnsinnig auf die Fotos und Filmaufnahmen, die Profifotograf Max Mauthner bzw. Filmer Manish uns zukommen lassen werden!

Die Magie des Trekkings: groß war die Freude über unsere Trekkingziele: hier am 5.435 m hohen Renjo La, dem höchsten Punkt der Reise, mit dem Mount Everest im Hintergrund © Fair Trails®/Max Mauthner

Autor

Stefan
Lieb-Lind

Der gebürtige Bayer verbindet als Umweltsystemwissenschafter und staatlich geprüfter Berg- und Skiführer auf ideale Weise Kompetenz und Leidenschaft für seine große Liebe, die Berge. Anerkannter Bergbuchautor und Erstbesteiger kühner Routen in Fels und Eis.

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