Klimawandel und Tourismus (Teil 1)
© Franz Gerdl
Über unser Innovationsprojekt „Carbon Free Travel“ im FFG Programm „Impact Innovation“ – die Problemanalyse
„Das Reisen, wie wir es kennen, steht am Rande des Abgrunds. Die Branche befindet sich an einen Kreuzungspunkt, an dem sich nur noch zwei mögliche Wege eröffnen: einer, bei dem Klimazusammenbruch & daraus resultierende Tourismusbeschränkungen die Reiselust bremsen & einer, bei dem regenerative Innovationen die Zukunft des Reisens – und ein klein wenig der Welt – zum Besseren wenden.“ – The:Future:Laboratory
Es gibt kaum eine treffender Beschreibung über die größte Herausforderung, der sich die Tourismusbranche in den nächsten Jahren stellen wird müssen, als die vom anerkannten britischen Think Tank The:Future:Laboratory. Eine Herausforderung, die gerade uns Trail Angels – auch abseits der aktuellen tagespolitischen Entwicklungen – beschäftigt, wenn wir unserem Markenkern als Wegbereiter und Gestalter für einen nachhaltigen Tourismus gerecht werden wollen. Um sich als kleines Unternehmen – abseits des Tagesgeschäfts – jedoch Innovationsthemen widmen zu können, bedarf es der entsprechenden personellen wie finanziellen Ressourcen, weshalb wir uns entschlossen haben, das Innovationsprojekt „Carbon Free Travel“ bei der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG im Rahmen des Förderprogramms „Innovation Impact“ einzureichen.
So gingen wir nach der Förderzusage motiviert ans Werk, um neue Lösungsmodelle für einen klimafreundlichen/-neutralen Tourismus zu entwickeln. Jetzt, wo sich das Projekt zu Ende neigt, können wir klar festhalten, dass sich die intensive Auseinandersetzung mit der Thematik für uns als Unternehmen schon jetzt ausgezahlt hat. Und dass wir die Ergebnisse gerne an dieser Stelle teilen, da wir es für wichtig erachten, den Kreis all jener zu vergrößern, die mit Verantwortung und dem Willen zur Veränderung neue Wege im Tourismusbeschreiten wollen, stetig zu vergrößern.
In diesem Blog widmen wir uns der Problemanalyse, während der zweite Blog zu diesem Schwerpunktthema unsere Lösungsansätze beschreibt.

Problemanalyse mittels Onlinebefragung
Als geeignetste Methode, um das Problembewusstsein wie auch die Lösungskompetenz gegenüber den Herausforderungen, die der Klimawandel für die Tourismusbranche mit sich bringt, zu eruieren, haben wir eine mehrphasige und zielgruppenspezifische Online Befragung identifiziert. Diese wurde mit technischer Unterstützung der Universität Primorska (Slowenien) wie folgt durchgeführt:
In der ersten Phase wurden mit getrennten Fragebögen einerseits Reisende (aus dem Gästepool des Trail Angels Reisebüros) und andererseits verschiedenste Anbieter, wie Beherberger, Mobilitätsdienstleister, Guides und DMO Mitarbeiter:innen befragt. Ziel dieser ersten Phase war es, das Problembewusstsein – getrennt von einander in B2C und B2B Ebene & die Unterschiede zwischen Anbieter (B2B) und Nachfrager (B2C) – zu analysieren.
Die zweite Phase ging dann mehr ins Detail und fokussierte sich auf mögliche Lösungsansätze, wobei für B2C wie B2B Adressaten das idente Fragesetting verwendet, jedoch separat bzw. vergleichend ausgewertet wurde.
Onlinebefragung: Die Ergebnisse
Die wichtigsten Ergebnisse der Phase 1 „Problembewusstsein“ können wie folgt zusammenfasst werden:
Reisende (B2C)
- Nachhaltigkeit ist für Reisende wichtig, wiewohl sich die Mehrheit dafür nach wie vor nicht spürbar einschränken will.
- Der wichtigste Buchungsgrund ist für Reisende der hohe Erlebniswert; an zweiter Stelle folgt aber schon überraschend die Nachhaltigkeit, noch vor der Servicequalität und einem günstigen Preis.
- Für Reisende sind bei der Ausgestaltung von nachhaltigen Tourismusprodukten besonders wichtig: eine klimafreundliche An- & Abreise, gefolgt von regionaler Kulinarik und umweltfreundlichen (zertifizierten) Betriebe. An letzter Stelle: die Kompensation von CO2
- Mehr als zwei Drittel der befragten Reisenden würde für die Ausgestaltung klimafreundlicher/-neutraler Angebote einen Aufpreis akzeptieren, wobei dabei die Mehrheit einen Aufpreis von 5 – 10% für als akzeptabel bewertet.
Anbieter (B2B)
- Aus der Sicht der Anbieter ist für die Ausgestaltung eines Tourismusproduktes eine hohe Servicequalität am wichtigsten. Auch hier überrascht die Nachhaltigkeit auf dem zweiten Platz, noch vor dem Erlebniswert und dem günstigen Preis.
- Immerhin 45% der Anbieter geben an, dass Nachhaltigkeit bei ihren Produkten bereits ein entscheidender Faktor bei der Buchung sei.
- Bei den durchgeführten bzw. noch geplanten Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit liegt bei den Anbietern soziales Engagement vor nachhaltiger Energieversorung vor regionaler Kulinarik. Zertifikate spielen bei den Maßnahmen nur eine marginale Rolle.
- Immerhin 38% der Anbieter geben an, dass die Auslobung des ökologischen Fußabdruckes von touristischen Angeboten in Zukunft wichtig bzw. sehr wichtig sein wird.
Die wichtigsten Ergebnisse der Phase 2 „Lösungsansätze“ können wie folgt zusammenfasst werden:
- Ein Viertel aller befragten Reisenden wie Anbieter sind der Meinung, dass evidenzbasierte, klimafreundliche Tourismusprodukte der wichtigste Lösungsansatz für den Tourismus in Zeiten des Klimawandels sind. Als wichtigsten Ansatz nennen Reisende verhaltensändernde Maßnahmen, während die Anbieter eine entsprechende Preispolitik als prioritär einstufen.
- Bei der Förderung nachhaltiger Tourismusprodukte wünscht sich die Mehrheit der Reisenden einen stärkeren Fokus auf die soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit, während die Anbieter eine steuerliche Entlastung von nachhaltigen Maßnahmen wünschen.
- Nahezu deckungsgleich ist dafür die Meinung von Reisenden wie Anbietern, dass ein evidenzbasiertes Low Carbon Design bzw. die klimaneutrale Ausgestaltung von Produkten der wichtigste Indikator für nachhaltige Tourismusprodukte in Zukunft sein wird. Darüber hinaus wird von der Mehrheit der beiden Adressatenkreisen in diesem Zusammenhang ein zumindest europaweites einheitliches Klassifizierungs- und/oder Zertifizierungssystem für klimafreundliche Tourismusprodukte gefordert.
- Ähnlich zurückhaltend zeigen sich auch beide Adressatengruppen, wenn es darum geht, wie hoch die Chancen für eine umfassende Transformation der Tourismusbranche geht: die Mehrheit bezeichnet diese Perspektive als vorsichtig „moderat“, während ca. 20% der Meinung sind, dass diese Transformation gelingen wird.
Fazit: Nachhaltigkeit ist wichtig, aber…
Für uns bildeten die Ergebnisse der Online-Befragung eine wichtige Grundlage für die weitere Ausarbeitung von Lösungsmodellen und praxistauglichen Prototypen für evidenzbasierte klimafreundliche/-neutrale Reiseprodukte. Die wichtigste Erkenntnis war für uns, dass von beiden Adressatenkreisen die Herausforderungen, die der Klimawandel nach sich zieht erkannt werden und die Notwendigkeit für Lösungsmodelle als drängend eingeschätzt werden.
Die Akzeptanz, diesen Weg zu gehen, ist dann hoch, wenn es gelingt nachhaltige Tourismusprodukte zu entwickeln, ohne dass dafür der Erlebniswert oder die Servicequalität darunter leiden. Lösungsmodelle, die eine evidenzbasieerte transparenter Messbarkeit beinhalten, werden ausdrücklich begrüßt, da Greenwashing und ein Zertifizierungs-dschungel allgemein als Ärgernis empfunden werden. Dafür wird sogar ein moderater Mehrpreis für die Produkte akzeptiert, wobei anonyme Carbon Offset Zahlungen am wenigsten geschätzt werden.
Der Glaube an die Transformationskraft des Tourismus ist moderat. Für unsere Anstrengungen innerhalb des Innovationsprojektes wie darüber hinaus eine Inspiration, möglichst viele Reisende und Anbieter von diesem Weg zu überzeugen. Mehr zu unseren Lösungsansätzen lesen Sie im Teil 2 dieses Blogs zum Klimawandel im Toriusmus.

Für die Befragung der Reisenden nutzten wir den Gäste-Pool des Trail Angels Reisebüros, welcher in erster Linie Wander- aber auch Radreisende umfasst © SalzburgLand Tourismus

Für die Befragung der Anbieter luden wir unsere regionalen Leistungspartner, von Beherbern über Mobilitätsdienstleistern, Guides bis hin zu den Teams der örtlichen DMOs zur Partizipation ein © Trail Angels
Autor
Günter Mussnig
Der Diplomgeograph ist einer der Gründer und Geschäftsführer der Trail Angels, die für die Webplattform Bookyourtrail.com verantwortlich zeichnen. Als Trekking- & Outdoorfreak gehört er zu den Vätern des Alpe-Adria-Trails und erkundet seit mehr als 25 Jahren den nepalesischen Himalaya.

Ähnliche Beiträge
Klimawandel und Tourismus (Teil 2)
© ÖAV Archiv Lieb (rechts); Foto Webcam (links)Über unser Innovationsprojekt "Carbon Free Travel" im FFG Programm "Impact Innovation" - die Lösungsmodelle„Two roads diverged in a wood, and I — I took the one less traveled by, And that has made all the difference.“...
Julius Kugy Alpine Trail
Die untere Wolayeralm © Peter AngermannÜber die Vision eines völkerverbindenden Weitwanderweges„Wer Visionen hat, braucht einen Arzt“. Dieses Zitat hat unser ansonsten sehr geschätzter Altkanzler Vranitzky sicherlich schon oft bereut. Denn es ist schlichtweg falsch!...
Get in touch
Jede große Reise beginnt mit dem ersten Klick.
Wenn wir Dich für nachhaltigen Tourismus inspirieren konnten, so setz Dich doch einfach mit uns in Verbindung. Wer weiß, vielleicht entsteht ja aus diesem ersten Klick gemeinsam etwas Großes!
FOLLOW US