Wege zur Selbstmotivation
Abbrechen oder – wenn es gefahrlos zu vertreten ist – das Beste daraus machen? Manchmal schenken auch schlechte Verhältnisse unvergessliche Erlebnisse. © Trail Angels
Die Tourismuswerbung zeigt fast ausschließlich glückliche Menschen, blauen Himmel, zufriedene Gesichter … Schön, aber halt nicht real! Es gibt auch schlechtes Wetter, anstrengende Etappen oder Tage, an denen man sich körperlich und/oder psychisch nicht so gut fühlt. Nicht so schön, aber real! Aber was tun, wenn es mal nicht so gut läuft? Was kann man dann für die eigene Selbstmotivation tun?
Martina Navratilova, die ehemalige Weltklasse-Tennisspielerin, hat einmal gesagt: „Es kommt nicht so sehr darauf an, wie gut Du bist, wenn Du gut bist. Es kommt viel mehr darauf an, wie gut Du bist, wenn Du schlecht bist.“ Was sie damit meint? Wenn es läuft, dann läuft es ohnedies von alleine, aber die Spreu trennt sich vom Weizen, an den Schlechtwettertagen. Dann wenn die Schönwetterkapitäne schon längst unter Deck oder gar vom Schiff gegangen sind. Wir haben mal aus unseren Erfahrungen aus vielen Wandertouren, Expeditionen und Kletterrouten konkrete Tipps gesammelt und stellen Dir einen Leitfaden zur Selbstmotivation an Schlecht(wetter)tagen zur Seite.
- Achte auf Deine Botschaften an Dich selbst und konzentriere Dich dabei auf das Tun!
Sprich mit Dir selbst! Ob in Worten oder Gedanken spielt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass Du nicht zu hart zu Dir selbst bist, denn Gedanken erschaffen Gefühle. Roberto Assagioli, der Begründer der Psychosynthese hat dies einmal so treffend auf den Punkt gebracht: „Folgen Sie nicht Ihren Gefühlen, Ihre Gefühle sollten Ihnen folgen“. Der Dialog hört sich dann aber nicht an wie beim positiven Denken: „Du schaffst das!“, sondern konzentriert sich auf das Tun selbst und die dabei angewandte Technik. Navi Seals lernen dies in der Ausbildung und Spitzenkletterer tun es auch. Sie sprechen in schwierigen Situationen mit sich selbst und beschreiben quasi begleitend ihr Tun. Ein Kletterer denkt sich z.B. nicht, was passieren würde, wenn er jetzt fallen würde, sondern gibt sich selbst Anweisungen wie: „fokussiere exakt den Punkt, auf den Du den Fuß setzen wirst.“ Diese Botschaft an Dich selbst, richtet Deine Aufmerksamkeit auf das notwendige Handeln und nicht auf alle möglichen nicht hilfreichen Gedankensplitter.
Für das Wandern klingt das dann so: „Kontrolliere Dein Anfangstempo!“, oder „Rhythmisiere Deine Schritte!“. Weitere Beispiele wären: „Achte darauf, wohin Du den Fuß setzt.“; „ Richte den Oberkörper auf und bleibe mit Deinem Körper in der Balance!“; „ Konzentriere Dich auf das Ausatmen“! Und wenn es steil wird z.B. „Mach lieber kleinere Schritte!“ All dies hilft Dir die folgende Fokussierungsfalle zu vermeiden!
- Vermeide die Fokussierungsfalle!
Der Mensch neigt dazu, wenn er/sie Probleme oder Schmerzen hat, sich darauf zu konzentrieren. Alle Gedanken drehen sich dann nur um dieses Problem. Das nennt man dann die Fokussierungsfalle. Je mehr man sich auf etwas konzentriert, desto mehr nimmt es Platz in unserer Psyche ein. Und wie kommt man aus dieser Falle heraus? Lenke mal Deine Aufmerksamkeit bewusst auf andere Dinge, weg vom Problem. Nimm z.B. die Dich umgebenden Farben, Lichter, Geräusche bewusst wahr oder konzentriere Dich wiederum auf Dein Tun!
Man kann der Fokussierungsfalle aber auch entgehen, indem man für die Selbstmotivation genau das Umgekehrte ausprobiert. Dazu folgendes Beispiel: Wenn man weitwandert, kann einem schon mal was wehtun. Dies ist mehr „normal“ als „überraschend“. Im Alltag werden wir oft dazu verleitet, dem Schmerz mit entsprechenden Mitteln (Schmerzmittel) zu begegnen. Der Schmerz hat aber meist eine Schutzfunktion für den Körper und man sollte ihn nicht ignorieren. Oft kann man dem Schmerz dadurch begegnen, dass man in ihn hineinatmet. Leg mal ruhig die Konzentration auf den Schmerzpunkt z.B. eine Muskelverspannung und atme bewusst auf diesen Punkt hin. Das bewusste Atmen hilft Dir, nicht in die Fokussierungsfalle zu gehen. Anfangs ist es sogar meist so, dass der Schmerz durch die Aufmerksamkeit stärker wird. Bleibst Du aber mit der Konzentration und Deinem Atem dabei, kann sich der Schmerz auf wundersame Weise in Nichts auflösen.
- Mach Dir bewusst, dass Du über die Situation entscheidest und übernimm die Verantwortung für Dein Tun!
Aus eigener Expeditionserfahrung kann ich sagen, dass Du letztlich immer selbst entscheidest, wie gefährlich oder anstrengend eine Situation ist. Man kann starken Schneefall auf 7.000 Meter Höhe als lebensbedrohlich oder als das ansehen, was es ist – Schneefall in großer Höhe. Das entscheidet sich im Kopf! Wenn man mentale Stärke zeigt, war es im Nachhinein eine herausfordernde Situation – und nicht mehr. Also entdramatisiere die Situation und tue das, was zu tun ist! Und wenn Du mal wieder mit dem Schicksal haderst und Dich fragst, warum Du Dir so einen schweren Trail ausgesucht hast: werde Dir klar, dass Dich niemand dazu gezwungen hat. Werde Dir bewusst, dass Dich keine noch so gefinkelte Ausrede nur einen Schritt Deinem Ziel näher bringt. Lerne zu Deinen Entscheidungen und Fehlentscheidung zu stehen! Und wenn Du jemandem zuliebe den Trail mitgegangen bist? Dann lerne zu Deinen Entscheidungen und Fehlentscheidungen zu stehen!
- Mache aus Deinem Gehen eine inspirierende Übung und begreife das Gehen als Wunder!
Gehen ist für die meisten von uns selbstverständlich, wir machen es intuitiv, ohne einmal darüber nachzudenken. Beim Gehen benötigen wir aber die Kontraktion, Relaxation und Koordination der Fuß-, Waden-, Oberschenkel-, Gesäß-, Rücken-, Schulter- und Armmuskulatur (letzteres nur wenn man mit Stöcken geht oder Trail-Running betreibt). Der Mensch hat zudem 28 Fußknochen, eine Unzahl an Sehnen und Bändern, die unbewusst das komplexeste Bewegungsorgan des Menschen koordinieren. Bewusst wird uns das leider meist erst, wenn es nicht mehr funktioniert, wenn wir verletzt sind. Aber denke daran: andere würden alles dafür gehen, einfach nur (schmerzfrei) gehen zu können. Genieße daher einmal bewusst die fließende Bewegung des Gehens! Dazu noch ein Hinweis zur Selbstmotivation: eine faszinierende Möglichkeit dazu bietet sich in der Gehmeditation, die in verschiedenen Büchern des buddhistischen Mönchs Thich Nhat Hanh beschrieben wird. Koordiniere Dein Ein- und Ausatmen mit dem Rhythmus Deiner Schritte. Gehe dabei doch mal bewusst etwas langsamer und werde Dir jeder Deiner Schritte bewusst.
- Gönn Dir mal einen Ruhetag am Trail und Abbrechen kann manchmal nur vernünftig sein!
Freizeit sollte sich vom Alltag durch einen anderen Rhythmus abheben. Daher sind wir der Meinung, dass ein Trail mehr Genuss als bloße sportliche Herausforderung sein sollte. Dazu gehört auch, dass man sich mal bewusst Ruhe gönnt. Am besten Du planst den Ruhetag schon von vornherein in deiner Wanderreise ein. Ein Ruhetag ist oft Balsam für die Seele und die Füße und wirkt Wunder für die Selbstmotivation.
Selbstmotivation ist eine Kunst, die erlernt sein will! Unser Beitrag dazu liegt darin, dass wir in unserer Reiseplanung bereits versuchen, einen häufigen Motivationskiller zu vermeiden. Dieser zeigt sich darin, dass man sich zu viel vornimmt und Etappen zu lange plant. Sei Dir bewusst, dass zu ehrgeizige Ziele das Scheitern schon in sich enthalten. Wir von Bookyourtrail sorgen in der Planung der Trails für nicht zu lange Etappen. Nach einer praxiserprobten Formel, in der Distanz, Höhenmeter Aufstieg, Höhenmeter Abstieg, Steigung und Geländeform berücksichtigt werden, berechnen wir eine Grenze für die Tagesetappen, die jedenfalls nicht überschritten wird. So hoffen wir, dass Euch unsere Tipps zur Selbstmotivation bei Euren zukünftigen Wanderprojekten hilfreich sein mögen!
Autor
Werner Mussnig
Der habilitierte Wirtschaftswissenschaftler ist seit jeher zwischen der Welt der Wirtschaft & seinen Hobbies Klettern & Trekking hin und hergerissen. Wobei Werner jetzt immer mehr in das Universum von Bookyourtrail eintaucht.
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